Die Erwartungshaltung ist groß. Einerseits bin ich 4 Tage gewandert, um hierher zu kommen, andererseits ist es die bei weitem bekannteste Sehenswürdigkeit Südamerikas und das Highlight jeder Peru-Reise.
Es gibt zwei Möglichkeiten zu den Ruinen zu gelangen: zu Fuß, in der morgendlichen Dunkelheit über steile Steintreppen; oder mit dem Bus. Nachdem man beim Eingangstor ohnehin erst um sechs Uhr hineinkommt, hat der Fußmarsch nicht wirklich einen Vorteil und in Anbetracht dessen, dass ich noch eine kleinere Bergbesteigung geplant habe, fahre ich mit dem Bus.
Oben angelangt bilden sich die ersten Schlangen vor dem Eingangstor, bis beim Öffnen dann der Ansturm auf die „Guardian Hut“ beginnt – unser Guide gibt uns noch den Tipp: nicht unterwegs für Fotos stehen bleiben, sondern schnurstracks hinauf! Zehn Minuten schnaufendes Stiegensteigen später ist er dann da – der Blick auf Machu Picchu.
Zumindest wäre er das, wenn uns nicht stattdessen eine weiße Wolkenwand begrüßen würde. Verdammt. Lange Gesichter machen sich breit, die allgemeine Enttäuschung hängt wie der Nebel in der Luft. Auch die Versicherungen unseres Guides, dass sich die Wetterbedingungen jederzeit schlagartig ändern können, vermögen nicht wirklich zu trösten. Nach etwa einer Viertelstunde beginnt der Wind aber dann ein paar Schwaden zur Seite und der erste Blick auf die Ruinen wird frei – zumindest etwas. Insgesamt trägt das zwar sehr zur mystischen Gesamtstimmung bei, aber eine klare Sicht wäre irgendwie trotzdem zu bevorzugen.
Nach einer etwas einstündigen Erklärung über die Geschichte der Ruinen (niemand weiß es so genau, da die Inkas keine schriftlichen Aufzeichnungen hatten und die Stätte nie von den Spaniern entdeckt wurde) beginnt dann sogar die Sonne durchzublitzen. Statt Selfies vor den Ruinen steht jetzt allerdings erst einmal die Besteigung des Huayna Picchu an, desjenigen Berges, der auf so gut wie allen Fotos im Hintergrund aufragt.
Nach der Registrierung und Abstempelung des Tickets (der Zutritt ist strikt auf 400 Personen in zwei Tranchen pro Tag limitiert), beginne ich den Weg zum Berg, wobei mir aus dieser Entfernung noch nicht ganz klar ist, wie hier der Aufstieg möglich sein soll, es ist kein Weg ersichtlich und die steilen Wände sind nicht wirklich vertrauenserweckend.
Das Rätsel lüftet sich aber recht bald, der Weg ist hinter der Vegetation versteckt, und führt über steile Stufen (teils in Fels gehauen, teils aus Steinen gemauert) nach oben. Ich schnaufe mich nach oben, aber nicht nur einer der Mitwandernden dreht unterwegs erschöpft um (wobei ich das bei den meisten davon – Typ übergewichtiger Amerikaner mit unzureichendem Schuhwerk – schon vorher prophezeien hätte können).
Zum Gipfel hin führt der Weg dann noch durch ein paar weitere Inka-Ruinen, die Stufen werden noch schmäler und steiler, ein paar gespannte Stahlseile sorgen jedoch dafür, dass man sich hier nie unsicher fühlt. Bei Regen würde ich trotzdem nicht gerne hinauf wollen. Von hier hat man allerdings bereits einen ausgezeichneten Blick auf die Ruinen von Machu Picchu – der Anblick wirkt allerdings extrem ungewohnt, nachdem er von der „falschen“ Seite ist und logischerweise der Berg im Hintergrund fehlt.
Die letzten paar Meter zum Gipfel sind auch noch schnell geschafft, dort gibt es allerdings außer ein paar großen Felsbrocken, auf die man klettern kann, nicht mehr allzu viel neues zu sehen – der Ausblick ist von etwas weiter unten genauso gut und deutlich bequemer. Ich mache mich also recht bald wieder an den Abstieg.
Nun beginnt der etwas absurde Teil der Organisation hier: Nachdem man das Gelände von Machu Picchu betreten hat, darf man es nicht mehr verlassen (es gibt im Übrigen keine Toiletten oder Verpflegung drinnen) und man wird quasi in Einbahnregelung durch die Ruinen geführt, damit die Touristenströme besser gelenkt werden können. Der Aufstieg zu Huayna Picchu ist allerdings eher am Ende dieses Weges und der Zeitslot für meinen Aufstieg war recht früh. Für diejenigen, die den Berg besteigen, gibt es daher eine Sonderregelung, dass sie das Gelände einmalig verlassen und wieder betreten dürfen. Hat zumindest den Vorteil, dass ich das draußen liegende WC benutzen kann, bevor ich den kompletten Rundweg ein weiteres Mal bestreite.
Beim zweiten Aufstieg zur Guardian Hut habe ich gar nicht mehr die Chance, schnell nach oben zu stürmen, mittlerweile sind nämlich alle Reisegruppen eingetroffen und die Pensionisten stauen sich nach oben. Inzwischen sind auch fast alle Wolken verzogen, die Sonne fängt doch einigermaßen zu brennen an. Dafür ist – endlich wieder oben angekommen – jetzt der klassische Blick frei (zumindest von Nebel, Touristen sind ein anderes Thema).
Nach dem obligatorischen Fotoshooting mache ich mich auf den Weg für die zweite, gemütlichere Runde durch die Ruinen. Hier fehlt mir leider etwas die Beschreibung und der Kontext dessen was ich sehe. Hin und wieder schummle ich mich kurzzeitig zu geführten Tourgruppen hinzu und schnappe so zumindest ein paar Details zu den Gebäuden hier auf. Alles in allem sind es aber auch nicht wirklich die Ruinen an sich, sondern die Lage, die Machu Picchu zu etwas besonderem machen.
Zurück in Aguas Calientes gibt es noch Burger zum Mittagessen, danach geht es mit dem Zug nach Ollantaytambo und von dort mit dem Bus zurück nach Cusco.
Was ist nun mein Fazit zu Machu Picchu? Die Erwartungshaltung war groß, doch in diesem Fall muss ich sagen, dass sie nicht enttäuscht wurde. Für mich ist es einfach einer dieser Orte, die man gesehen haben muss, umso mehr als der Anblick selbst erarbeitet war durch den Anmarsch der letzten vier Tage. Sicherlich ein Highlight meiner bisherigen Reiseerfahrungen.
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